Donnerstag, 18. Februar 2016

Glück im Unglück

Trotzdem - Gott ist nicht immer gerecht


In unserem Umfeld kam vor ein paar Monaten ein kleines Mädchen auf die Welt. Anders als ihre Schwester war sie bei ihrer Geburt eher klein, aber das muss ja noch nichts Ungewöhnliches sein. Sie hat auch eine recht kleine Großmutter. Meine Enkelkinder sind auch nicht alle groß, einige sehr groß, aber eins eher klein wie ich selbst.

Vor ein paar Wochen bekam ich mit, dass das kleine Würmchen eine Lungenentzündung hatte. Ich hatte mal selbst eine, als ich 14 Jahre alt war, als Folge von Masern, die mich damals recht spät erwischt haben. Das war gar nicht schön. Ich erinnere mich noch heute daran, dass es mir alles andere als gut dabei ging und ich längere Zeit in der Schule fehlte. Jürgen hatte auch mal eine Lungenentzündung, als er beim Kanu-Training im Oktober über Bord ging, weil sein Kollege aus dem Kanadier fiel und so das Boot zum Kentern brachte. Auch er sagt, das war nicht so toll und er erinnert sich noch daran, dass er länger ziemlich krank war mit der Lungenentzündung.

Na ja ... vor einigen Tagen frage ich die Mama des kleinen Mädchens, ob alles wieder in Ordnung wäre und erfuhr, dass die Kleine mit ziemlicher Sicherheit die Krankheit Mukoviszidose oder auch cystische Fibrose beziehungsweise zystische Fibrose genannt hat. Häufige Lungenentzündungen gehören dabei zum Krankheitsbild. Es fehlte zwar noch einer der erforderlichen Tests, aber die Chance, dass sie es nicht hat, ist wohl nicht gegeben. Vielmehr geht es nur noch um die genaue Spezifizierung, denn diese Krankheit ist nicht grundsätzlich gleich. Es gibt diverse verschiedene Formen davon. Die Auswirkungen sind dann auch nicht immer gleich, sondern verschieden und auch verschieden schlimm bei den Beschwerden. Leicht oder wirklich heilbar ist aber keine der Formen, denn es handelt sich dabei um einen Gen-Defekt, der autosomal-rezessiv vererbt wird. Das heißt, wenn beide Elternteile nur eins dieser Gene tragen, also Träger sind, ist die Wahrscheinlichkeit so, dass von vier geborenen Kindern zwei ebenfalls Träger sein werden, eins ganz gesund ist und bei einem die Krankheit ausbricht, das natürlich nur statistisch betrachtet. Besonders die Menschen mit weißer Hautfarbe haben diese Krankheit oft, Menschen mit anderen Hautfarben seltener. Warum das so ist, weiß die Wissenschaft noch nicht.

Ich hätte mein Gesicht nicht sehen mögen, denn als ich das erfuhr, war mir nicht bewusst, dass die Wissenschaft inzwischen in Bezug auf die Behandlung dieser Erbkrankheit viel herausgefunden hat. Ich werde vermutlich ziemlich entsetzt ausgesehen haben, denn früher einmal hat der Ehemann einer meiner angeheirateten Nichten beim Zivildienst Sport mit an Mucoviszidose erkrankten Kindern gemacht und ich wusste von ihm, dass sie damals eine maximale Lebenserwartung von ungefähr 15 oder 16 Jahren hatten. Über den neuesten Stand der Forschung auf diesem Gebiet hatte ich davor nichts Neues gelesen. Es war mir deshalb unbekannt.

Die Mami sagte, die Kleine könnte mit einer guten Behandlung inzwischen ungefähr so alt werden wie ich es gerade bin, also ca. 60 Jahre.

60 Jahre ist natürlich viel besser als 16 Jahre, aber auch ich würde jetzt ungern schon sterben wollen, sondern auch noch nach meiner Rente länger gemeinsam mit Jürgen das Leben genießen. Wer will das nicht?

Nun .. bis das kleine Mädchen 60 ist, das sind noch viele Jahrzehnte. Vielleicht findet die Forschung bis dahin ja noch mehr heraus.

Der Chlorid-Kanal ist bei dieser Krankheit gestört oder manchmal in besonders schlimmen Fällen auch gar nicht da. Ich habe mich wegen Chiwas Hufrehe in den vergangenen Jahren viel mit den Ionenkanälen in den Zellwänden beschäftigt. Ich habe deshalb auch mitbekommen, wie sehr die Forschung in den letzten Jahren in Bezug auf das Verständnis der Arbeit der Ionenkanäle und aller damit in Verbindung stehenden Botenstoffe und anderer Stoffwechselzwischenprodukte gekommen ist. Ich gehe davon aus, so kam es auch dazu, diese früher so schlimme Krankheit heute besser behandeln zu können.

Ich kann dem kleinen Mädchen deshalb nur alle Daumen und Zehen drücken, die ich habe und hoffen, dass sie aufgrund der intensiven Forschung auf diesem Gebiet trotz dieses Gendefekts ein fast normales Leben wird führen können.

Sie hat deshalb in meinen Augen Glück im Unglück, denn nur vor ein paar Jahren sah die Situation noch ganz anders aus. Alles, was man heute tun kann, war vor nur wengen Jahren noch vollkommen unbekannt.

Trotzdem ... meine Oma, die schon im Alter von 13 Jahren beide Elternteile verlor und gemeinsam mit der Mutter dabei direkt bei der Geburt das jüngste ihrer Geschwister und dann später im 2. Weltkrieg auch noch eins ihrer Kinder, hat oft gesagt, es mag Gott geben, aber ob er wirklich gerecht ist, das würde sie nicht glauben oder zumindest nicht verstehen, warum Gott Menschen bestraft, die noch nie etwas Böses getan haben.

Und ein Baby, das gerade auf die Welt kam, hat doch ganz sicher niemand was getan und kann trotzdem so bestraft werden wie dieses kleine Mädchen, denn diese Krankheit gibt es sogar sehr oft, was ich bisher auch nicht wusste, nun aber gelesen haben.

Tja ... das wollte ich mal erzählen.

Nachdenkliche Grüße
Renate

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