Donnerstag, 30. Oktober 2014

Die trauernde "Witwe"

Die "Gefühle" mancher Menschen kann ich wirklich nicht verstehen


Durch diverse archäologische Funde ist heute bekannt, dass bereits viele heute ausgestorbene Arten, die zu den Vormenschen gehören, also noch fast Affen waren, genauso wie wir heute ihre Toten begraben und die Gräber geschmückt haben, um die Verstorbenen zu ehren und ihr Gedächtnis zu bewahren.

Es gilt als besonders menschlich, so zu handeln und unterscheidet uns von vielen anderen Tierarten.

Umso befremdlicher erscheint es mir, wenn ein Mensch behauptet zu trauern, sich aber nicht darum kümmert, wo und wann der eigene Lebensgefährte begraben wurde oder wird.

Ich habe nämlich gerade bei Facebook so etwas bei einer virtuellen Bekannten, die Jürgen und ich über eine Freundin so ein wenig kennengelernt haben, miterlebt und bin fassungslos über so viel Gefühllosigkeit gegenüber dem eigenen Lebensgefährten, zumal diese Frau angibt, sehr unter diesem Verlust zu leiden.

Als uns unsere Freundin schrieb, ihre Freundin bräuchte Trost, denn ihr langjähriger Lebensgefährte sei gerade an einem Herzinfarkt verstorben, bin ich selbst sofort auf deren Facebook-Seite und habe natürlich dort geschrieben, wie leid es mir täte und meine Freundin gefragt, wann denn die Beerdigung wäre und ob sie da noch Beistand brauchen würde, woraufhin ich von meiner Freundin aber keine Antwort bekam.

Mein Mann stellte dann fest, dass er bei dieser Frau gar nicht mehr in der Freundesliste ist. Er vermutet, dass er ihr einmal zu kritisch geantwortet hat, als sie ihm erzählte, sie hätte sich ja so in einen jugendlichen Nachbarn verliebt, der mehr als 20 Jahre jünger war als sie, weil er auch damals das Gefühl hatte, diese Frau liebt es zu jammen und bedauert zu werden und denkt sich deshalb laufend gern neue Leidensgeschichten aus, ist aber nicht in der Lage, einmal etwas positiv und aktiv anzupacken, was auch für den jungen Mann galt, den sie so gern verführt hätte.

Mir hat sie immer erzählt, mit Männern hätte sie nichts mehr am Hut, sie sei lesbisch und würde nach einem Lebensgefährten gar nicht suchen.

Umso verwunderter waren wir beide, als unsere Freundin uns schrieb, sie hätte einen festen Partner gehabt, und das seit 12 Jahren.

Sie hat uns gegenüber nie etwas von diesem Mann erwähnt, von dem sie heute schreibt, sie würde ihn ja so vermissen.

Da Jürgen sowieso nicht mehr in ihrer Freundesliste war, hat er ihr auch kein Beileid bekundet, zumal wir beide uns dachten, komisch ist das schon mit dieser vermeintlich "festen Beziehung".

Sie fing dann aber auf ihrer Facebook-Seite an zu jammern, dass alle ihre Facebook-Freunde ja so herzlos seien, keiner würde Anteil an ihrem Verlust nehmen und so weiter. Das postet sie seit Tagen immer wieder und unsere Freundin verteilt es auch ständig.

Mein Mann schrieb dann unter einen dieser Posts, sie möge es ihm nicht übel nehmen, dass er nicht reagiert hätte, schließlich hätte sie ihn aus ihrer Freundesliste gelöscht, aber leid täte ihm das natürlich schon, dass sie ihren Partner verloren hätte. Daraufhin reagierte sie so, dass sie ihn bei Facebook ignoriert hat und das auch wütend unserer Freundin schrieb, er hätte sie ja beleidigt.

Okay, dachte ich.

Etwas später fragte sie mich, wie es uns denn ginge. Ich antwortete ihr dann per mail, uns gut und ich würde hoffen, sie würde über den Verlust bald ein wenig weg kommen. Ich fragte dann, wo ihr Lebensgefährte denn eigentlich begraben wäre, ob vielleicht in der Nähe meiner Mutter, da dort in der letzten Zeit einige neue Gräber dazu gekommen wären.

Bei diesem Chat erfuhr ich dann, dass diese Frau gar nicht weiß, ob und wo ihr Lebensgefährte begraben worden ist. Sie hätte ja keine Handhabe.

Ich sagte, "wieso hast Du keine Handhabe. Auch wenn Ihr nicht verheiratet gewesen seid, würde ich davon ausgehen, Du hättest ihn als nächste Angehörige durchaus wie ich meine Mutter auch mit finanzieller Unterstützung des Sozialamtes begraben lassen können, wenn da sonst niemand ist, der es auch will", aber da der Mann ja nun schon seit mindestens zwei Wochen tot ist, wäre das vielleicht nun zu spät.

Wir begannen uns zu unterhalten, ich fragte auch unsere Freundin parallel, ob sie wüsste, warum sich ihre Freundin nicht darum gekümmert hätte, ihren Lebenspartner zu beerdigen und die meinte, deren Betreuer hätte ihr aufgrund der Kosten davon abgeraten und sogar davon abgeraten zu fragen, in welches Massengrab der Mann denn nun kommen würde.

Ich kann mir sowas ehrlich gesagt nicht vorstellen. Dass Betreuer heute Arbeit scheuen, wenn es sich um diese offiziellen Betreuer handelt, das ist mir schon klar, und sich um eine Beerdigung seines Mündels zu kümmern, ist ja Arbeit und mit viel Formularkram verbunden.

Jürgen und ich begannen uns zu fragen, war die Frau überhaupt im Krankenhaus, als ihr Partner starb? Wenn ja, hätte man ihr schon dort erklärt, was sie tun muss, um ihn auch ohne Geld begraben zu können. Jeder Bestatter in Preetz hätte ihr da ebenfalls helfen und alles erklären können, was zu tun sei, auch um das Geld für die Beerdigung zu bekommen, die ja nunmal dann später in Rechnung gestellt wird.

Auf jeden Fall aber, selbst wenn der Betreuer nun gesagt haben sollte, sie soll sich um die Beerdigung selbst nicht kümmern, wäre es ja aber kein Problem zu erfahren, in welche der dann ja anonymen Grabstätten auf den beiden Preetzer Friedhöfen der Mann denn gekommen ist oder vielleicht sogar noch kommt, denn das sind immer Urnenbegräbnisse.

Ich weiß von dem Vater eines Freundes, der so begraben werden wollte und das extra in seinem Testament so hinterlegt hatte, dass man auch bei so einer Beerdigung sogar eine Trauerfeier beantragen darf und kann und später extra auch bei der oft erst einige Wochen später stattfindenden Urnenbestattung dabei sein kann. Man darf auf diese Massengräber auch Blumen stellen, die nicht weg geräumt werden. Es gibt davon allerdings mehr als eins.

Ich habe der Frau das erklärt und auch, dass ich es für möglich halte, dass Ihr Lebensgefährte, da Urnenbegräbnis, möglicherweise noch gar nicht begraben wäre. Sie solle doch einfach einmal die Friedhofsverwaltung anrufen. Die würden ihr das sicher sagen, wo und wann er begraben würde oder wo er vielleicht schon begraben sei. Dann hätte sie doch einen Ort, wo sie mit ihm reden könnte.

Wenn die Beerdigung noch bevorstünde, würden wir auch mitkommen.

Das war vorige Woche. Sie hat sich aber immer noch nicht darum gekümmert zu erfahren, wo Ihr Partner liegt oder liegen wird. Sie hätte bei dem Gedanken ja einen Weinkrampf bekommen und der Arzt hätte ihr eine Beruhigungsspritze geben müssen.

Also ich kann gut verstehen, dass man leidet, wenn der eigene Lebensgefährte stirbt.

Als sie mir sagte, sie bräuchte einen Ort, wo sie mit ihm reden könnte, habe ich das auch verstanden und kam ja so auf die Idee, das kann man doch erfahren, ganz egal ob man sich nun selbst um die Beerdigung gekümmert hat oder nicht, denn sie meinte, sie würde ihn dann auf dem Friedhof suchen wollen.

Ja wo denn? Es steht ja nicht dabei, wo er liegt, denn anonym begrabene Menschen haben ja keinen Stein und selbst andere, die einen haben, die finde doch mal auf zwei ja sehr großen Friedhöfen.

Nach wie vor postet die Frau bei Facebook, es würde ja keinen interessieren, wie sehr sie leiden würde, weil ihr Lebensgefährte gestorben sei.

Ich denke inzwischen, die Frau denkt nur an sich selbst, Ihr Partner kann sie überhaupt nicht interessiert haben, denn sonst hätte sie versucht, ihn selbst zu begraben, und zwar trotz Sozialhilfe und Trauschein. Aber selbst wenn das nicht möglich gewesen wäre, das Grab zu finden, wo er hin gekommen ist oder hin kommt, das wäre ja wohl das mindeste, was man einem Menschen, den man geliebt haben will, schuldig ist und da ab und zu hinzugehen und ihm Blumen zu bringen oder dergleichen.

Bei dem Gedanken, dass der Mensch, der mich liebt, mich nach meinem Tod verscharren lassen würde wie einen Hund, wird mir schlecht, ob nun genug Geld da ist oder nicht.

Und selbst die Sozialämter akzeptieren es ja auch, dass den Toten die letzte Ehre erwiesen wird und das eben etwas kostet und auch von Menschen bezahlt werden muss, die ALG II oder Sozialhilfe bekommen und wo es keine Sterbekasse gibt, die es übernimmt.

Trotz Leid und Schmerz oder gerade deswegen, ich verstehe so eine Handlungsweise nicht. Kein Mensch hat es verdient, nach seinem Tod ausgerechnet von dem Menschen, mit dem er zusammengelebt hat, so behandelt zu werden.

LG
Renate

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