Mittwoch, 21. August 2013

ALG II für Alleinerziehende mit Baby ... was bleibt wovon übrig?

Arbeiten mit einem Kleinkind ist nicht einfach und andere Freibeträge knapp


Die Tochter einer meiner Freundinnen hat sich gerade von dem Vater ihres kleinen Sohnes getrennt und sucht zur Zeit vom Frauenhaus aus nach einer eigenen Wohnung. Schon die Tatsache, dass der junge Vater zuerst das Kind nicht mitgehen lassen wollte, machte den Anfang schwer. Das nächste Problem für die junge Mutter ergab sich dann daraus, dass der Mann die Kleidung das Babys nicht hergeben wollte und alles neu besorgt werden musste.

Aber schon das wird bei dem schnellen Wachstum eines momentan nur wenige Monate alten Säuglings ja noch lange so bleiben. Kleine Kinder wachsen ihre Kleidung nun einmal laufend aus, aber der Regelsatz beim ALG II ist für das Baby derzeit nur 224 Euro hoch und für die junge Mutter sind es lediglich 382 Euro.

Das Kindergeld wird voll auf den ALG II-Satz angerechnet.

Vom Elterngeld darf die junge Frau als Freibetrag nur 30 Euro extra behalten.und der Zuschlag für Alleinerziehung liegt zwischen 45 und maximal 137 Euro, was sich nach dem Alter des Kindes und der Kinderzahl richtet. Das Maximum wird diese junge Frau deshalb sicher nicht bekommen.

Auch das ja jetzt neu eingeführte Betreuungsgeld wird sowohl bei Sozialhilfe als auch beim ALG II voll als Einkommen angerechnet.

Das gleiche gilt für Unterhaltsvorschuss, falls der Vater nicht bezahlt und noch schlimmer, für Unterhaltsansprüche, die Vorrang vor ALG II haben, wo man dann den Ärger hat, wenn ein Anspruch auf Unterhalt vorliegt und der Vater womöglich obwohl er muss, nicht oder nicht pünktlich zahlt.

Die junge Frau hat zwar grundsätzlich einen Ansprüch auf einen Betreuungsplatz für ihr Baby, falls sie gern arbeiten möchte, aber auch wenn es nun ja Gesetz ist, dass jedes Kind und jede Mutter da einen Anspruch haben, die Praxis sieht ganz anders aus.

Das heißt für die junge Mutter momentan, sie muss für sich und ihr Baby eine Hartz-IV-fähige Wohnung suchen. Diese Kosten übernimmt dann das Jobcenter. Sie wird sich nicht in Ruhe um ihr Kind kümmern können, weil sie sowohl nach Arbeit als auch nach einem geeigneten Betreuungsplatz suchen muss und dennoch sehr wenig Geld zur Verfügung haben, denn es wird ja fast alles verrechnet.

Es bleiben ihr nach meiner Schätzung mit einen ganz kleinen Baby deshalb zur Zeit monatlich:

382 Euro Ansprüch für sich selbst
224 Euro für den kleinen Jungen
 30 Euro Freibetrag vom Elterngeld
 45 Euro Zuschlag für Alleinerziehung (vermutlich nicht mehr, weil es nur ein Baby ist)

sowie viel Arbeit, alle anderen Beträge, die vorranging zu beantragen sind, immer erstmal zu beantragen und regelmäßig mit dem Jobcenter abzurechnen. Das sind Kindergeld, Elterngeld, Unterhalt oder Unterhaltsvorschuss und solange sie nicht arbeitet, sicherlich auch das neue Betreungsgeld. Das macht viel Arbeit und führt sicherlich wie alles beim Jobcenter immer wieder zu Berechnungsfehlern, bringt aber außer diesen 30 Euro gar nichts ein.

681 Euro wären das dann, plus Miete. Nicht viel. Und selbst wenn sie den vollen Zuschlag für Alleinerziehung kriegen würde, wäre das immer noch sehr wenig.

Die Mami der jungen Frau überlegt nun, in ihre Nähe zu ziehen und auf das Baby aufzupassen, damit die junge Frau es leichter hat, Arbeit zu finden.

Auch das könnte schwierig werden, was ich aus der Zeit weiß, als meine Mutter noch lebte, die ja kaum Rente und ergänzende Sozialhilfeleistungen bekommen hat.

Auch diese Oma bekommt Sozialhilfe, worum sie lange gekämpft hat, weil sie psychisch labil ist und unter Betreuung steht.

Wir durften damals,obwohl wir fast obdachlos geworden wären, weil wir mit meiner Mutter keine behindertengerechete Wohnung finden konnten, die Hartz-IV-fähig war, dennoch nicht nach Kiel ziehen, weil Kiel keine neuen Sozialhilfefälle aus anderen Gemeinden aufnimmt und Sozialwohnungen dort auch nicht an Leute vermietet werden dürfen, die nicht mindestens seit 4 Jahren in Kiel gewohnt haben.

Ich glaube deshalb nicht, dass die Omi nach Kiel ziehen darf und der jungen Mama wird helfen können.

Über das Telefonat, das ich deshalb mit der Omi dieses Babys führte, fiel mir wieder einmal ein, wie schwer es heute junge Eltern haben können, und noch viel schwerer, wenn eine junge Ehe nun einmal nicht hält.

Ach ja ... die junge Frau war nur ein paar Monate verheiratet .. selbst ich habe nach 36 Jahren Ehe keinen Unterhalt von meinem Ex-Mann bekommen, nachdem er das erste Mal - sicher absichtlich - nur vorübergehend arbeitslos war .. vorher hatte er gut verdient und es hätte gut für uns beide gereicht, aber selbst dann verfällt der Unterhaltsansprüch an einen Ehemann, sobald er auch nur einige Wochen arbeitslos wird.

Wenn man nicht lange verheiratet war wie diese junge Frau, hat man gar nicht erst einen eigenen Unterhaltsanspruch, sondern nur das Kind hat einen.

Die junge Frau und ihr Kind werden es nicht leicht haben.

Gäbe es heute ein Bedingungsloses Grundeinkommen wie beispielsweise ohne Bedarfsprüfung 1.000 Euro für jeden Erwachsenen und 500 Euro für jedes Kind, würden die zwei mit 1.500 Euro schon besser da stehen, auch wenn sie davon noch Miete zahlen müssten.

Das Problem, nicht umziehen zu dürfen, würde es dann auch nicht mehr geben, weil es ja keine Sozialämter mehr geben würde.

LG
Renate

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