Mittwoch, 19. Dezember 2012

10 Jahre Hartz IV - nun ist es bald soweit


Am ersten Januar 2003 erlebte ich mit meiner Familie den Beginn der Hartz IV-Äera und damit begannen bereits die ersten Ungerechtigkeiten, auch wenn die Methoden der Ämter, die mich heute in ihren Auswüchsen sehr stark an die Methoden der Stasi oder der SS im Dritten Reich erinnern, waren ja noch vergleichsweise zahm.

Damals lebte ich noch nicht mit meinem neuen Partner, sondern meinem Ex-Mann und dem jüngsten Sohn zusammen, meine Mutter hatte bis Ende 2002 den vollen Satz Sozialhilfe zuerkannt bekommen, da die Grundsicherung für Alte das damals so eingeführt hatte.

Mit der Einführung von Hartz IV änderte sich das.

Mein Sohn, damals über 18, noch Schüler mit Ansprüchen auf Schüler-Bafög, bekam zunächst gar nichts, weil er Bafög-Ansprüche hatte. Ich konnte mit viel Sucherei dann erreichen, dass das Amt einsah, dass Schüler-Bafög, wo der Satz ja viel niedriger liegt als beim Studentenbafög und auch keinen Mietzuschuss enthält, wenn Kinder zu Hause leben, nur auf seinen Hartz IV-Anspruch angerechnet wurde. Und er hatte damals den vollen Anspruch auf einen Haushaltsvorstand, weil er volljährig war.

Heute ist ein Hartz IV-Kind, obwohl es mit 18 volljährig ist, ja in Bezug auf die ihm zustehende Leistung laut Hartz IV erst mit 25 sozusagen regelbedarfs-volljährig.

Meine Mutter wurde schon damals, das allerdings vom örtlichen Sozialamt, auf den Regelbedarf eines Kindes runtergestuft, bekam nur 80 %. Ich begann zu klagen. Nach 9 Jahren habe ich diese Klage gewonnen, was uns nur kurzfristig half, denn mit der Anpassung der Regelsatzstufen wurden Alte und Behinderte laut Gesetz den Kindern gleich gestellt und die erneute Prüfung soll nun wohl Mitte 2013 endlich stattfinden und wie ich befürchte, sicher nicht zu gunsten der Alten und Behinderten.

Die Einführung von Hartz IV hatte uns nur Nachteile gebracht.

Gerhard Schröder, nach dessen Verbleib ich als nächstes suchen werde, hat dem Volk versprochen, Hartz IV würde mehr Gerechtigkeit bringen. Das war aber nicht der Fall.

Hartz IV brachte eine Zunahme von schlecht bezahlten Jobs, immer mehr Menschen, die von der Arbeit nicht mehr leben können und aufstocken müssen, eine rasante Zunahme von mit Menschen handelnden Firmen, die die Situation natürlich sofort ausgenutzt haben, dass ein Hartz IV-Empfänger anders als es früher der Fall war, jeden noch so schlecht bezahlten und berufsfremden Job auch annehmen muss.

Wenn ich heute sage, in der EX-DDR oder dem Dritten Reich kann es nicht schlimmer gewesen sein, dann spreche ich aus Erfahrung und weil ich Hartz IV mit meiner Familie und auch jetzt mit meinem neuen Partner so wie in meinem gesamten Umfeld selbst erlebt habe.

Wir haben also bald ein trauriges Jubiläum zu feiern, nämlich am Neujahrstag 10 Jahre Hartz IV und damit 10 Jahre Not und Angst, Ungerechtigkeit und maßlose Wut bei allen Menschen, die davon betroffen sind und maßlose Angst aller anderen, selbst einmal dazu zu gehören zur Hartz IV-Gemeinde, von der sich alle, die noch können, schnell abwenden, um nicht mit hinein gezogen zu werden.

Ich habe dazu, weil der Beschluss zur Einführung von Hartz IV schon im Sommer erfolgte, einen schönen Text im Stern gefunden, den ich hier gern dazu setzen möchte, denn besser könnte ich das sicher auch nicht mehr sagen.

16. August 2012, 11:20 Uhr

Das System der Hart(z)herzigkeit 

 Hartz IV hat Deutschland verändert. Die Schwachen dürfen jetzt öffentlich verhöhnt werden und bekommen nur das Nötigste. Solidarität und Hilfe werden von Amts wegen unterbunden. Eine Abrechnung von Gernot Kramper


Über Hartz IV kann man viel sagen, über die Berechnung von Bedarfssätzen, über die Struktur der Verwaltung, über Niedriglohngruppen und Minijobs. Ich kann das nicht, ich habe nur ein Gefühl und das ist Zorn. Hartz IV ist ein System der organisierten sozialen Kälte und der Herzlosigkeit. Engagement, Mitgefühl und Solidarität, diese Werte, die Berliner Spitzenpolitiker stets beim Bürger einfordern, versagt dieses System den Schwachen oder es gewährt sie nur in minimalen, bürokratisch abgemessen Dosen. Und schlimmer noch, Hartz IV unternimmt alles, um menschliche Werte in der Gesellschaft auszurotten.


Weniger als die Hunde

Wenn ich höre, dass ein Kind zwischen sechs und 14 Jahren 3,02 (zuvor 2,29) Euro am Tag für Nahrungsmittel bekommen soll, weiß ich nur, dass mein Hund mehr konsumiert. Ein Rinderohr - sein Lieblingssnack - kostet nämlich 1,50 Euro. Kein Wunder, dass es inzwischen Hinweise auf ernährungsbedingten Minderwuchs bei Hartz-Kindern in Deutschland gibt. Mickerkinder gab es in der Geschichte schon häufiger, etwa damals, als die Indianer Südamerikas unter die Herrschaft der Konquistadoren geprügelt wurden.
Das Hartz-Geld reicht vielleicht zum Überleben, aber nicht einmal zu einem Hundeleben. Schon ein Luxusgut wie eine Limonade ist für Hartz-Kinder nicht vorgesehen - und zwar jahrelang. Wenn bestens abgesicherte Spitzenpolitiker im Fernsehen erklären, Coca-Cola sei ohnehin Gift fürs Kind und Leitungswasser nicht nur billiger, sondern auch gesünder, bekomme ich Schnappatmung. Neben den Geiz gesellt sich regelmäßig die Diffamierung der Schwachen. Bei jeder Leistung für die Armen meldet sich ein Berliner Hinterbänkler zu Wort, der befürchtet, die Hartzer würden das gute Steuergeld am Ende doch versaufen. Dabei weiß jeder, dass es überhaupt nicht um den Nährwert von Cola und Schoko geht, sondern um Lebensfreude. Um ein Eis im Park und darum, auch mal dabei zu sein. Und "dabei sein" ist in unser Konsumgesellschaft fast immer mit Kosten verbunden.

Helfen ist unerwünscht

Diese Lebensfreude ist den Hartzern verboten, selbst wenn sie von anderen und nicht vom Staat finanziert wird. Der nette Peter Hartz hat seinen Hartz-Kids nämlich ein Schild mit der Aufschrift "Füttern streng verboten!" umgehängt. Einem Hartzer-Kind können Sie nämlich gar nicht helfen, selbst wenn Sie wollten. Außer Sie belassen es wie die Politiker bei schlauen Sprüchen. Das ist natürlich erlaubt, alles andere wird in einen geldwerten Vorteil umgerechnet und von der nächsten Amtsüberweisung abgezogen. Sie sollen schließlich nicht einer Familie in Not helfen, sondern das Amt entlasten. Sollte die Großtante ein bisschen Geld zum Kindergeburtstag überweisen, kann man der Mutter nur empfehlen, die Gabe sofort zu konfiszieren und in die Haushaltskasse zu packen, sonst kommt sie nämlich nicht durch den nächsten Monat.
Zum Glück ist der Geizstaat noch nicht allwissend. Was bar zugesteckt wird, merkt niemand. Zumindest, wenn sich die Kinder nicht verplappern. Sonst dürfte selbst eine verschenkte, gebrauchte Waschmaschine noch mit 150 Euro taxiert und von der nächsten Rate abgezogen werden. Jede Wette, dass sich hochbezahlte Beamte in Berlin den Kopf zerbrechen, wie sie den Wildwuchs bislang unkontrollierter Mittelzuflüsse doch noch erfassen und in Abzug bringen können.

Hartz hat Armut ansteckend gemacht

Dabei sind das nur Bagatellen, viel tiefgreifender verändert die Neuschöpfung der sogenannten "Bedarfsgemeinschaft" in der Folge von Hartz IV unsere Gesellschaft. Die "Bedarfsgemeinschaft" macht innerfamiliären Beistand und Hilfe im Freundeskreis fast unmöglich. Ein Beispiel: Keine Mutter kann ihre erwachsene Tochter und die Enkel in Not noch aufnehmen. Denn bevor der Staat auch nur einen Cent Hilfe überweist, wäre zunächst die gute Frau dran. Und zwar nicht ein bisschen, sondern total - ganz so, als ob sie selbst um Stütze nachsuchen würde.
Die Idee dahinter: Die Kosten der Jugendarbeitslosigkeit sollten so elegant auf die Familien umgelegt werden. Das Resultat: Einem Hartzer im Umfeld muss man meiden wie einen Leprakranken und darf ihn auf keinen Fall in die Wohnung lassen.
Kosten werden durch diese Gemeinheiten am Ende vermutlich nicht eingespart. Die einen weisen den Bedürftigen nun beruhigt die Tür. Die Begründung für Hartherzige gibt es ja jetzt vom Amt, die anderen sind gezwungen zu tricksen und zu täuschen, um Hilfe leisten zu können, ohne sich selbst total zu ruinieren. Mit einem Bein stehen sie dann wegen Beihilfe zum Sozialbetrug im Gefängnis.
Nein, das ist keine Vision einer Gesellschaft, mit der ich mit anfreunden will. Nach zehn Jahren Hartz IV schäme ich mich zutiefst für diesen Staat.

...

Ja ... so ist es nunmal, wer einem Hartz-IV-Empfänger hilft, ist selbst auch dran, und genauso will es dieser Staat.

Habe ich so unrecht, wenn ich sage, die Stasi oder SS sind nicht schlimmer gewesen?

Hier noch die direkten Fakten über Wikipedia für alle, die es da noch einmal genau nachlesen möchten.


LG
Renate



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